Rudolf von Eschwege


 
Leutnant Rudolf von Eschwege
Geboren    am 27.02.1885
Gestorben am 21.11.1917
Stationen: Feldflieger Abteilung 30, 36, 66

Bjelomorssko orel = Adler des Ägäischen Meeres
Anerkannte Abschüsse: 20

Wappen der Familie von Eschwege:

Achtung: Das Wappenfoto ist urheberrechtlich geschützt. Das alleinige Urheberrecht hat Herr Immo Frese.
 

Rudolf von Eschwege wurde am 27.02.1895 in Homburg von der Höhe (Provinz Hessen-Nassau) geboren und besuchte die Kadettenschule. Nach Ausbruch des Krieges ging er von der Kriegsschule weg und als Fahnenjunker im Jäger Regiment zu Pferde Nr. 3 ins Feld. Schon sehr früh erkannte er das Potential der fliegenden Streitkräfte, sodass er zu Schulungszwecken im Februar 1915 in die Heimat versetzt wurde. Um ein Haar wäre er wegen völliger Unfähigkeit zu seinem Regiment zurückgeschickt worden, weil er während der Ausbildung eine ganze Anzahl sauberer Brüche hingelegt hatte. Nach fünfmonatiger Ausbildung wurde er nach bestandener Prüfung als Zweisitzerpilot zur Feldflieger Abteilung 36 versetzt, wo er von Juli 1915 - Mai 1916 ein Zweisitzerflugzeug flog. Im Mai 1916 durfte er nach langem Drängen auf Einsitzer umschulen. Nach erfolgter Prüfung wurde er wieder der Front zugewiesen.

Der erste Abschuss war für den Flieger etwas besonderes. Meist war er das Schwierigste für den Flieger, so auch für Rudolf von Eschwege, der folgendes berichtete. Sein erster Abschuss war ein englischer Farman. Seine Garbe saß gut, sodass der Engländer mit zerschossenen Motor notlanden musste. Da der englische Pilot das Flugzeug jenseits der Front glücklich landen konnte, wurde der erste Abschuss des Leutnant von Eschwege nicht bestätigt und damit nicht anerkannt. Alsdann erfolgte die Versetzung zur Feldfliegerabteilung 66, die damals in Xanthi stationiert war. Einmal konnte von Eschwege aus einem englischen Thasos-Geschwader, das Bomben auf den heimischen Bahnhof geworfen hatte, einen Farman abdrängen. Fast 500 Schuss hatte von Eschwege verfeuern müssen, bis er dem Flugzeug den Motor zerschossen hatte und dieses im Gleitflug aufs Meer hinuntergehen musste. Da es ein Landflugzeug mit Rädern war, überschlug es sich im Meer und sackte ab. Als von Eschwege wieder gelandet war, kam vom bulgarischen Beobachtungsposten an der Mestamündung die Meldung: „Farman nach Luftkampf mit deutschem Flieger ins Meer gestürzt“. Von Eschwege war selig, da er dachte, dass dies sein erster anerkannter Luftsieg war. Leider war dem nicht so, wie sich in der Folge herausstellte. Für die Überwachung und Anerkennung der Abschüsse war der „Kogenluft“ (= Kommandierende General der Luftstreitkräfte Excellenz von Höppner) zuständig. Dieser war ein peinlich genauer Mensch, der sofort eine protokollarische Vernehmung der Zeugen anforderte. Nun war zum Pech von Eschwege das bulgarische Regiment, zu dem der Beobachtungsposten gehörte, inszwischen nach der Monastir-Front verladen worden. Man konnte den Zeugen nicht mehr erwischen.

Trotzdem klappte es trotzdem noch mit dem ersten Abschuss. Obwohl sich die Front auf griechisches Gebiet verschob, wurde der Flugplatz in Xanthi beibehalten. Um näher an der Front zu sein, richtige sich von Eschwege einen Gefechtslandeplatz bei Drama ein. Am 19.11.1916 kam ein Engländer in ganz niedriger Höhe und beschoss mit seinem Maschinengewehr die exerzierenden Bulgaren. Von Eschwege stieg auf um den englischen Zweisitzer noch vor Erreichen der Front abzuschießen. Aufgrund wiederholter Ladehemmungen musste von Eschwege den Angriff dreiundzwanzig mal wiederholen. Endlich konnte er ihm den Motor zerschießen, sodass er noch vor der Front auf bulgarisch kontrolliertem Gebiet landen musste. Flugzeug, Pilot und Beobachter sind dabei heilgeblieben. Es war außerdem das erste Flugzeug, das bei der Armee diesseits der Front abgeschossen wurde. Die ganze Stadt Drama kam in Aufregung und brachte Rudolf von Eschwege Ovationen. Vom 2. bestätigten Abschuss am 27.12.1916 besteht ein Foto, auf dem Rudolf von Eschwege auf dem Rumpf sitzt. Bei dieser Einheit geschah auch etwas fürchterliches für den jungen Leutnant. Bei einem Probeflug startete von Eschwege mit seinem ersten Monteur auf dem Beobachtersitz. In 3000 Meter Höhe legt Rudolf von Eschwege das Flugzeug in eine scharfe steile Linkskurve und in diesem Augenblick fällt der Monteur samt Sitz aus dem Flugzeug. Von Eschwege stand unter Schock, stellte den Motor ab und ging in den Gleitflug über. Bei der Landung überschlug sich das Flugzeug. Dabei blieb von Eschwege unverletzt. Für den Monteur kam jede Hilfe zu spät. Er hatte sich alle Knochen gebrochen und wurde auf einen Meter Körpergröße zusammengestaucht. Es war Eschweges erster Monteur, ein fähiger und tüchtiger Mensch. Später stellte sich heraus, dass er sich nicht angeschnallt hatte. Ein bedauernswerter Unglücksfall. Nach insgesamt 2 anerkannten Abschüssen wurde Rudolf von Eschwege im Januar 1917 zur Feldfliegerabteilung 30 nach Drama versetzt. Die Staffel operierte von Orljak bis Strumamündung einen Streifen von rund 60 Kilometer Luftlinie. Dazu kam noch der Küstenabschnitt von Tschajagzi bis zur Mestamündung mit etwa 100 Kilometern. Insgesamt 160 Kilometer Front für 3 Aufklärungsflugzeuge und 1 Kampfeinsitzer. Dieser eine Kampfeinsitzer war eben Rudolf von Eschwege. Auffällig bei Eschwege war sein Verhalten auf dem Flugplatz. Der Staffelführer Haupt-Heydemarck schrieb über sein erstes Treffen mit Rudolf von Eschwege folgendes: „Von Eschwege kam schon sehr früh vom Flugplatz, wo er an seinem Motor gearbeitet hatte. Mittelgroße, fast zierliche Gestalt mit einem scharfgeschnittenen Gesicht, in dem hell zwei blaue Augen blitzten. Seine Hände waren schwarz wie die eines Schlossers. Waffenrock und Hose waren voll Ölflecken. Ja so war er. Sein Flugzeug liebte er zärtlich. Auch bei schlechten Wetter lag er den ganzen Tag auf dem Platz. Wenn der Motor überholt werden musste oder wenn sonst eine Reparatur auszuführen war, dann arbeitete er mit seinen Monteuren bis in die Nacht hinein. Wie oft sah ich ihn später in seinem Arbeitskittel am Schraubstock stehen. Eschwege war immer der Meinung, dass ein Flugzeugführer auch nach der Landung für sein Flugzeug verantwortlich ist. Nur so können beide (Flugzeug und Pilot) im Luftkampf harmonieren.“ Es blieb nach wie vor eine Spezialität von Eschwege sich gute Gefechtslandeplätze zu organisieren, wovon er Jagd auf feindliche Flugzeuge machte. In Drama war es ihm vergönnt insgesamt 14 anerkannte Luftsiege zu erreichen. Das bevorzugte Flugzeug von Eschweges war der Doppeldecker Typ Halberstadt D III.

Bis zum 28.10.1917 hatte von Eschwege keinen einzigen Angriff auf Fesselballone (Beobachtungsballone) gewagt. Er war der Meinung, dass ein solcher Angriff doch zu viele Risiken mit sich bringt. Der Angriff auf einen Ballon war deshalb so gefährlich, weil er erstens relativ schnell durch eine Seilwinde auf Bodennähe gezogen wird und zweitens Artillerie- und Maschinengewehrfeuer den Ballon von der Erde aus schützt. Am 28.10.1917 zog Rudolf von Eschwege los, um auf Ballonjagd zu gehen. Er hatte heimlich seine Maschinengewehrgurte mit Brandmunition gefüllt und keinen von seinem Vorhaben unterrichtet. Von Eschwege wollte einen Überraschungsangriff auf einen Fesselballon der Ballonsektion 17 an der Strumafront bei Orljak wagen. Nach dem vierten Angriff steht der Ballon in Flammen. Von Eschweges Flugzeug windet sich in regellosen Kurven durch das aufheulende feindliche Feuer und erreicht sicher den heimatlichen Flughafen. Schon am 9. November 1917 stand ein neuer Ballon an der gleichen Stelle. Der Ballon war nur 250 Meter hoch und es herrschte eine starke Bewölkung. Von Eschwege war nicht zu bremsen. „Fallen muss er doch!“ gab von Eschwege an und flog Richtung Strumafront. Über den Wolken pirscht er sich heran und stößt durch ein Loch auf den Ballon hinunter. Aufgrund der einsetzenden Ladehemmungen, die nicht mehr beseitigt werden konnte, musste der Kampf abgebrochen werden. Am 15. November 1917 fragte Eschwege vorn an, ob der Ballon wieder hoch sei. Man antwortete ihm, dass heute ein Angriff unmöglich sei. Erstens steht der Ballon nur 500 Meter hoch, und zweitens kreisen 3 englische Flugzeuge zu seinem Schutze über Orljak. Das konnte Rudolf von Eschwege nicht aufhalten. Unter geschickter Ausnutzung der Wolken gelingt es ihm, ungesehen in die Nähe des Ballons zu kommen. Als er den richtigen Abstand hat, stellt er seine Maschine auf den Kopf und braust im Sturzflug zwischen den überraschten Schutzfliegern hindurch auf den Ballon hinunter. Es ist eine Tollkühnheit, die nur dann Erfolg haben kann, wenn er den Ballon beim ersten Anflug zum Brennen bringt. Zu einem zweiten Anflug würden ihn die englischen Flieger keine Zeit mehr lassen. Und das Glück ist ihm wieder günstig. Nach wenigen Schüssen schon tanzt die rote Flamme auf der Hülle. Kurve - zur Front zurück. Bereits der 18 anerkannte Luftsieg. Am 19. November 1917 schießt Rudolf von Eschwege einen englischen B.E.-Zweisitzer ab.  

Am gleichen Tag startet er noch mal gen Orljak, wo auf allierter Frontseite ein weiterer Fesselballon trotzt. Aus sicherer Entfernung sichtet von Eschwege 4 feindliche Schutzflieger. Trotz der feindlichen Übermacht stellt von Eschwege die Maschine Kopf und stößt auf die englischen Flieger zu. Aber die Engländer sind durch seine letzten Siege so mutlos geworden, dass alle vier - hier, viele Kilometer hinter ihrer eigenen Front, im Schutze ihrer Kanonen und ihrer Maschinengewehre - vor dem einen Deutschen flüchten. Lachend fliegt Rudolf von Eschwege wieder nach Hause. Nun hat er den Ehrennamen verdient, den ihm die Bulgaren verliehen haben: Bjelomorssko orel - Adler des Ägäischen Meeres. Jetzt ist er wahrhaft König der Lüfte. 

Grau wuchs der Morgen des 21. November 1917 herauf. Eschwege hatte seine beiden Maschinengewehrgurte mit Brandmunition gefüllt und maß die Patronen mit der Lehre nach. Er wollte heute seinen vierten Ballonangriff innerhalb von 3 Wochen wagen. Von Eschwege flog Richtung Orljak und sah auf wenigstens 800 Meter Höhe den englischen Fesselballon. Die letzten Augenblicke im Leben Rudolfs von Eschwege wurden von einem bulgarischen Leutnant einer Artillerie-Beobachtungsstelle wie folgt überliefert: „Jetzt tauchte der Deutsche in das Gesichtsfeld ein - jetzt stürzte er sich wie ein Adler auf seine Beute - jetzt schoss er wohl. Hatte seine Brandmunition gezündet ? Jetzt war er bis auf wenige Meter heran - jetzt hob das Flugzeug wieder seinen Kopf - jetzt flog es knapp über den Ballon hinweg - und jetzt entzündete sich die Hülle. Hurra! Aber das war anders als sonst: der Ballon lohte heute mit einem Schlage zu einer mächtigen Feuersäule auf. Langsam torkelten die brennenden Fetzen der Hülle zur Erde“. Die ungeheure Spannung der bulgarischen Soldaten machte sich in einem brausenden Jubelgeschrei Luft. Nur dem Offizier kam bange Ahnung, die sein Herz zittern machte. „Wo war Eschwege ? Ja - dem Himmel sei Dank! - er war behütet worden. Denn jetzt sah man deutlich, wie das Flugzeug aus dem Rauch herauskam und abschwenkte. Aber - o Jammer! - es neigte sich über den linken Flügel - jetzt rutschte es seitlich ab - und dann stellte es sich, vom schweren Motor gezogen, auf den Kopf und sauste zur Erde herunter. Das war ja entsetzlich! Das war ja nicht möglich, dass Eschwege nicht mehr sein sollte!“ In banger Sorge wandte sich der Offizier seinen Leuten zu. Die hatten nur den Ballon aufflammen sehen und lagen sich lachend in den Armen. Als er ihnen von seiner Beobachtung sagte, wich der Jubel einer jammernden Trauer. „Eschwege tot! Unser Eschwege tot!! Wir können es nicht glauben!“ 

Die bulgarische Meldung lies offen, ob Rudolf von Eschwege, wenn auch verwundet, so doch noch lebend heruntergekommen sei. Warum aber war der Ballon nicht langsam abgebrannt ? Es gab nur eine Möglichkeit: die Engländer hatten den Korb mit Sprengstoff beladen und diesen durch eine Zündleitung in dem Augenblick zur Explosion gebracht, als Eschwege nach gelungenem Angriff dicht über dem Ballon hinwegfliegen musste. Der Beobachter im Korb war dann nur eine Strohpuppe gewesen. Die Annahme wurde später durch Gefangene und auch durch den Tätigkeitsbericht des Wing 16 bestätigt. Hier heißt es: 

„Nachdem der Ballon dreimal brennend abgeschossen worden war, wurde eine unbrauchbare Hülle aufgeblasen.  Der Korb war mit einer schweren Bombe beladen, deren Brisanz nach den Berechnungen jedes Flugzeug im Umkreis von 90 Metern zum Absturz bringen musste. Mit der Erdbeobachtung war sie durch eine elektrische Zündleitung verbunden. Als am 21. November 1917 ein feindlicher Jagdflieger im Angriff nahe an den Ballon heranging, wurde die Sprengladung entzündet, so dass die feindliche Maschine mitten durchbrach. Bei der Untersuchung fand sich die Vermutung bestätigt, dass sie von Leutnant von Eschwege, dem erfolgreichsten deutschen Jagdflieger an dieser Front, geführt worden war.“ 

Am Nachmittag erschien ein englischer Flieger über Demirhisar und warf einen Wimpel ab, in dessen sandbeschwertem Täschchen sich ein deutsch geschriebener Brief folgenden Inhalts fand: 

„An das bulgarisch-deutsche Fliegerkorps in Drama. Die Offiziere des Königl. Fliegerkorps bedauern festzustellen, dass Leutnant Rudolf von Eschwege getötet wurde, während er den Fesselballon angriff. Seine Privatsachen werden in den nächsten Tagen über die Linien geworfen.“ 

Wenige Tage später ließ ein Engländer einen zweiten Abwurfwimpel herunterflattern. Er enthielt die Fotografien von Eschweges Beerdigung. Rudolf von Eschwege war von den Engländern mit militärischen Ehren zur letzten Ruhe geleitet worden. Sechs Fliegeroffiziere trugen seinen Sarg

Wir haben ihn nicht vergessen.

Der Verfasser